Vortrag Dr. Helga Rabl-Stadler

Präsidentin der Salzburger Festspiele
„Festspiele als völkerverbindende Antwort auf den Krieg“

München, im Oktober 2014. Der Vortrag „Festspiele als völkerverbindende Antwort auf den Krieg“ von Dr. Helga Rabl-Stadler, Präsidentin der Salzburger Festspiele, läutete das Ende der diesjährigen Veranstaltungsreihe des des Peutinger-Collegiums ein. Zahlreiche Mitglieder waren der Einladung am 14. Oktober im Bayerischen Hof gefolgt und nahmen – nicht zuletzt vor dem Hintergrund der aktuellen politischen Lage – wertvolle Denkanstöße mit.

Nach der Begrüßung und einem kurzen Rückblick auf die Veranstaltungen dieses Jahres stellte Prof. Dr. Bernd Grottel, Präsident des Peutinger-Collegiums, unter großem Applaus Dr. Helga Rabl-Stadler, seit 1995 Präsidentin der Salzburger Festspiele, und Pierre-Dominique Ponnelle, Komponist und Dirigent, der im Anschluss an den Vortrag einen Seitenblick in die Welt dieser einzigartigen Kulturinstitution warf. Sebastian Wieser, Kulturreferent der AUDI AG, die seit langen Jahren Hauptsponsor der Festspiele ist, freute sich als Co-Gastgeber des Abends, dass es gelungen war, diese beiden vielbeschäftigten Persönlichkeiten in die bayerische Landeshauptstadt zu locken.

„Die Kunst als Lebensmittel für die Bedürftigen“

„Wir sind das Sommertheater der Münchner“, stellte Dr. Rabl-Stadler nicht ohne Stolz zu Beginn Ihres Vortrags fest und sieht München als zunehmend beliebtes Einzugsgebiet für die Salzburger Festspiele. Was heute zu den weltweit renommiertesten Kulturveranstaltungen zählt, fand seinen Ursprung in den Wirren des Ersten Weltkrieges. Treibende Kraft war der österreichische Theaterregisseur, -produzent, -gründer und Intendant Max Reinhardt. Er erkannte, dass Kunst und Kultur friedensverbindende Elemente in einer von politischen Unruhen und Kriegsfurcht geprägten Zeit sind. Die Kunst – und insbesondere das Theater – hatte sich in Zeiten des Krieges stets „als Lebensmittel der für die Bedürftigen“ erwiesen. Er glaubt an die „heilende Kraft der Kunst“, die in Kriegs- und Hungersnot „neues Licht und neues Leben bringt.“

Zusammen mit seinen berühmten Zeitgenossen Hugo von Hofmannsthal, Schriftsteller und Dramatiker, sowie dem Komponisten Richard Strauss wollte er von Salzburg aus die zerrissenen Fäden der europäischen Kultur wieder zusammenziehen. Kein Ort schien dafür geeigneter als die Mozartstadt mit ihrer einzigartigen Altstadt und den faszinierenden Kulturstätten. Auch war man überzeugt, dass Festspiele nur aus einer kleinstädtischen Abgeschiedenheit heraus ihre volle Wirkung entfalten könnten, da sie nicht in Konkurrenz zu anderen kulturellen Ereignissen standen.

Völkerverbindende, friedensstiftende Funktion

Am 22. August 1920 markierte die Uraufführung des „Jedermann. Das Spiel vom Sterben des reichen Mannes“ unter der Regie von Max Reinhardt auf dem Domplatz die Geburtsstunde der Salzburger Festspiele. Mit einem hochkarätigen Schauspiel- Opern- und Konzertprogramm haben sie sich in knapp hundert Jahren zu einer der weltweit bedeutendsten Festspiele der klassischen Musik und Theaterkunst entwickelt. Verboten waren die Festspiele in der NS-Zeit von 1938 bis 1945. Aber bereits im August 1945 wurden sie unter amerikanischer Besatzung durch General Mark W. Clark wieder eröffnet und 1948 wieder „in die Freiheit entlassen“. Der Anspruch der Gründerväter, Kunst und Kultur als völkerverbindende, friedensstiftende Aufgabe zu sehen, ist auch heute noch oberste Handlungsmaxime. Bestes Beispiel ist das von Daniel Barenboim und Edward Said 1999 gegründete West-Eastern Divan Orchestra, das aus arabischen und israelischen Musikern besteht und sich mittlerweile nicht nur im Nahostkonflikt sondern weltweit für friedliche Lösungen einsetzt. Mit den Salzburger Festspielen pflegt das Symphonieorchester seit 2007 eine enge Zusammenarbeit und ist nahezu alljährlich mit mehreren Konzerten zu Gast. „Das Schöne an der Kunst ist, dass nur ihre Qualität zählt und sie dadurch Menschen jeglicher Herkunft verbinden kann“, fasst Dr. Rabl-Stadler das Engagement zusammen. Und sie zitiert abschließend Cecilia Bartoli, eine der erfolgreichsten Opernsängerinnen unserer Zeit: „Die Musik ist eine Friedenstaube.“

Herbert von Karajan – untrennbar mit den Salzburger Festspielen verbunden

Pierre-Dominique Ponnelle, einer der international vielseitigsten Dirigenten und Komponisten und mit mit über 50 Dirigaten quer durch ganz Europa und besonderen Verdiensten im osteuropäischen Raum, erinnerte in seinem Schlusswort an Herbert von Karajan, dessen Name untrennbar mit Salzburg und den Festspielen verbunden ist. Schon als Kind hatte Ponnelle (Sohn des bekannten Opernregisseurs Jean-Pierre Ponnelle) seine ersten Begegnungen mit der Festspielstadt, als sein Vater dort 1968 den „Barbier von Sevilla“ inszenierte. Später studierte er bei Herbert von Karajan und lernte ihn nicht nur als absolute Ausnahmeerscheinung kennen, sondern auch als unbeirrbaren Förderer junger Musiker wie beispielsweise der Geigerin Anne-Sophie Mutter oder des Operntenors Luciano Pavarotti. Karajan wurde 1956 zum Künstlerischen Leiter der Festspiele berufen, 1960 eröffnete er das neu erbaute Große Festspielhaus und läutete eine neue Ära ein. Unter seiner Ägide wandelten sich die Festspiele zu einem internationalen Treffpunkt der Opernstars und liefen bedeutenden Bühnen wie Mailand oder New York den Rang ab. Zudem gründete er die Salzburger Osterfestspiele und Pfingstkonzerte. Seine Macht und Ausstrahlung haben maßgeblich zum Mythos und der Beliebtheit der Salzburger Festspiele geführt. So wundert es nicht, dass die Besucherzahlen wachsen und sich die Festspiele mit rund 200 Veranstaltungen jedes Jahr über rund 250.000 Gäste freuen.

Mit einem besonderen Dank für die Unterstützung durch AUDI leitete Prof. Grottel zum gemeinsamen Abendessen über, bei dem rege weiterdiskutiert wurde. Denkt man an die zahlreichen Krisenherde, die die Welt aktuell in Atem halten, ist das große Engagement, Kunst und Kultur als Brücke zwischen den Menschen weiterzubauen, nicht hoch genug einzuschätzen.